Bauers DepeschenMittwoch, 12. Dezember 2018, 2044. Depesche![]() ![]() ![]() BÜCHER ZU WEIHNACHTEN ![]() Eine Handvoll signierter Exemplare meines neuen Buchs gibt es vor Weihnachten im Stiefelladen Boots by Boots an der Ecke Gerber-/Christophstraße und bei Ratzer Records in der Hauptstätter Str. 154 am Marienplatz. Nicht mit meinem Gekritzel entwertete Bücher erhält man in Buchhandlungen, solange es sie noch gibt. Geht hinaus in den feuchten Staub von Stuttgart und holt sie euch. ![]() ![]() SONNTAG, 30. DEZEMBER: FLANEURSALON IM BIX ![]() Auf Einladung - und weil die Jubiläumsshow im Sieglehaus frühzeitig ausverkauft war - machen wir jetzt noch einen Flaneursalon im BIX Jazzclub. In diesen Räumen hat vor 20 Jahren alles angefangen. Termin: Sonntag, 30. Dezember, 20.30 Uhr. Mit Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Eva Leticia Padilla, Toba und Pheel. Karten sind kleine Weihnachtsgeschenke - und die gibt es hier: BIX JAZZCLUB ![]() ![]() Hört die Signale! ![]() DAS LIED ZUM TAG ![]() ![]() StN-Kolumne ![]() SCHARFE SOCKEN ![]() Eine Kolumne ist nicht nur Kopfsache, sondern auch Bauchladen: eine Wörterkiste, in die man gescheites und dummes Zeugs stopfen und später feilhalten kann. Nicht verwechseln darf man die Wörterkiste mit dem alten Setzkasten, an den sich nur erinnert, wer noch das Blei in der Zeitung gerochen hat, bevor Computer und künstliche Intelligenz unser Hirn ersetzten. Dass man mit Blei einst gleichzeitig Buchstaben zum Textdrucken und Patronenkugeln zum Totschießen hergestellt hat, erklärt uns die ganze Tragödie des technischen Fortschritts. Viele Menschen sind sogar bis heute überzeugt, die Wahrheit über das Leben nicht aus der Zeitung, sondern beim Bleigießen an Silvester zu erfahren. ![]() So weit sind wir aber noch nicht. Das Jahr dauert noch ein paar Tage. Jetzt kommt erst mal Weihnachten. Über Sinn und Unsinn gigantischer Weihnachtsmärkte wird seit jeher heftig gestritten. Unsereins ist ein glühender Verfechter der Kitschbasare. Glühend nicht unbedingt wegen des aufgekochten und stinkenden Fusels zur erotischen und hormonellen Mobilisierung unserer berauschenden Rummelplatzengel. ![]() Vergangenen Samstag kaufte ich mir am erstbesten Stand unseres Glühweindorfs ein Päckchen Socken, das mir prompt den Sonntag und das Leben rettete. Trotz stürmischen Dauerregens in der Kälte auf Degerlochs Höhen überstand ich zum ersten Mal in meiner langen Laufbahn als Zaungast ein Spiel der Stuttgarter Kickers ohne kalte Füße. Das mag auch an der packenden Partie und unserem grandiosen 1:0-Sieg gegen unseren Spitzenplatzkonkurrenten aus Reutlingen gelegen haben. Ohne meine nagelneuen Weihnachtsmarktsocken jedoch hätte ich mir bereits beim ersten Blick in die Wolken mehr Zehen abgefroren als Reinhold Messner in seiner ganzen Himmelstürmerkarriere. ![]() Bekanntlich hatten wir auf unserem Sportplatz unterm Fernsehturm in unzähligen Spielen mit der zeitweiligen Verschandlung unserer Fußballheimat zu kämpfen. Weil das lange unbemerkt verfaulende Dach über unseren Stehplätzen wegen Einsturzgefahr entfernt und erneuert werden musste, standen wir eine Ewigkeit lang in einer Art Geisterstadion mit Bretterverschlägen herum. Unsere Spieler mussten sich angesichts des zugenagelten Fanflügels vorkommen wie Musiker, die hinter dem Vorhang spielen. Nicht etwa, weil sie unseren Jubel vermisst hätten. Vielmehr senkten unsere ausbleibenden Zornesausbrüchen und Beschimpfungen ihre Motivation zeitweise bis unter null. Die Neigung zum Masochismus in der Holzklasse des Fußballs braucht ihre Streicheleinheiten. Wir auf den Stehplätzen wiederum, eingepfercht in ein Notaufnahmelager hinter dem Tor mit Blick durch einen Drahtverhau, durchlebten eine harte Zeit des Totentanzes, bis unsere blauen Jungs in die fünfte Liga abgestürzt waren. ![]() Gegen Reutlingen feierten wir mit 6300 Zuschauern zwar die ersehnte Rückkehr in unsere – bisher nur teilweise wiedereröffneten – Fanblöcke mit neuem Dach. Doch ist unsere Decke, wenn auch vom Rathaus so angekündigt, verdammt kurz geraten. Gut 40 Prozent unserer tapferen Frauen und Männer auf den Rängen stehen im Regen, weil angeblich die Träger kein größeres Dach vertragen. Dummerweise sind unsere Stehplätze nicht wie andere Kulturstätten der Stadt als vollgeile Partylocations für Investmentbanker und Immobilienhaie geeignet. Sonst hätten uns die Lobbyisten im Gemeinderat garantiert ein Dach in der Länge von der Waldau bis zum Weihnachtsmarkt spendiert. Komme mir jetzt bloß keiner mit dem Argument, mein Vergleich des Kickersplatzes mit anderen Kulturbühnen hinke. Auf einem Fußballplatz der fünften Liga hinken noch ganz andere Dinge. ![]() Damit ist es Zeit, meinen Bauchladen zu sortieren. Die dicken Socken hatte ich mir nicht etwa in weiser Voraussicht auf die soziale Kälte gegenüber Menschen der unteren Klasse gekauft. Vielmehr wuchs das Bedürfnis nach gut durchbluteten Füßen, als ich die Demonstration eines AfD-Landtagsabgeordneten namens Räpple und seiner 40-köpfigen Gefolgschaft auf dem Kronprinzplatz „gegen die Abschaffung Deutschlands“ besuchte. Eine Polizeiarmee hatte zwei Wasserwerfer für den Fall aufgefahren, dass der Regen nachlassen und deshalb das Wachstum Deutschlands gefährdet sein könnte. ![]() Herr Räpple erzählte den Leuten, die Jusos seien „Terroristen“ und hätten vor, zur Abschaffung Deutschlands Abtreibungen bis zum neunten Monat einzuführen. Womöglich aber ist dies nicht mal die volle Wahrheit. Meines Wissens planen die Sozen-Zöglinge Abtreibungen auch noch Jahre nach der Geburt – und fordern vehement, den Kaiserschnitt in Zukunft ausschließlich an der Kehle der Mutter durchzuführen. Damit sind sie vermutlich noch gefährlicher als unsere Sportskameraden aus Reutlingen, die Böller auf unsere beste Wurstbude warfen. Normalerweise machen so etwas nur linksextremistische Veganer. ![]() Wer jetzt denkt, ich hätte mir nur ein einziges Paar Socken gekauft, hat sich im Übrigen geschnitten. Mein Bauchladen ist so gut gefüllt, dass ich auch dann noch mit warmen Füßen durch die Kälte unserer Zeit marschieren werde, wenn der Weihnachtsmarkt schon abgebaut ist – und zur Abschaffung der Menschheit wieder mal reichlich Blei vergossen wurde. ![]() |
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