Bauers DepeschenMontag, 23. Februar 2009, 290. Depesche![]() BETR.: KELLER, FRIEDENAU. ![]() OST-AGENT GESUCHT! ![]() ![]() Ein paar Notizen, für mehr reicht die Zeit nicht. Ich hatte eine Woche Urlaub, fast alle Zeit ging mit organisatorischem Kram drauf. Sportliche Übungen eingehalten. Zwei Jahre Abstinenz sind inzwischen voll. Genau: voll. ![]() Und da war der Mann, der sich beklagte: Meine Frau ist jede Nacht in Kneipen unterwegs. Warum, ist sie Alkoholikerin? Nein, sie sucht mich. ![]() Groucho Marx. ![]() Am vergangenen Samstag bestritt ich einen kurzen Lese-Auftritt in Eric Gauthiers Rockshow im Keller-Klub, Rotebühplatz. Eric wollte das unbedingt. Er glaubt, es sei für ihn eine gute neue Kombination, Rock & kleine Geschichten. ![]() Es war 23 Uhr, es war laut, es war anstrengend, aber lustig. 170 Leute in der Unterwelt, viele drängelten tatsächlich dicht an die Bühne und hörten zu, andere quatschen wie schon während des Konzerts. Ich diente gewissermaßen als Sprechblase zwischen zwei Sets. Es ging irgendwie - Augen auf, Ohren zu und durch -, und mir kamen die besten Erinnerungen. ![]() Eigentlich habe ich mir vor 25 Jahren geschworen, nie wieder einen tiefer gelegten Schuppen zu betreten. Ich litt am Kellerkoller. Immer dieser Blick nach oben, und keiner kommt. Aber dann kommt man eines Tages zurück, und nichts hat sich geändert: Der Keller-Klub sieht nicht anders aus als die Läden, die ich als 16-Jähriger, als 25-Jähriger, als 30-Jähriger besucht habe. Allerdings fehlen die Rauchschwaden. Keller galten mal als romantische, abgeschottete Refugien der Aufbruchskunst. Rock'n'Roll-Gruften voller eingedoster Erotik. ![]() An die Depressionsgefahr in diesen geschlossenen Anstalten hat keiner gedacht. ![]() Und noch eine wundersame, schützenswerte Lokalität: die Friedenau, das Restaurant an der Rotenbergstraße in Ostheim mit eingebautem Theatersaal für Volkskomödianten. Der Wirt ist Grieche, also Fachmann für Dramen, und allseits beliebt als Schorsch. Womöglich sind wir hier richtig. ![]() Es gibt in dieser Gaststätte einen astreinen traditionellen Wirtshaussaal für 150 Besucher, es dürfen auch mehr sein, wenn man eine Zwischentür öffnet. Lange Tafeltische aus Holz, rot gepolsterte Stühle. Ich habe diesen edlen Versammlungsraum besichtigt. Er riecht nach Historie, nach Klassenkampf und Eheschließungen. Auf der geräumigen Bühne hing gerade als Hintergrundkulisse eine schöne Berglandschaft auf Leinwand. Die würde ich gern hängenlassen. Diese ewigen schwarzen Vorhänge für die Tagungen von Architektenbüros, die wir bevorzugen, sind auch nicht das Gelbe vom Ei. ![]() Veranstaltungssäle wie in der Friedenau - ein luftiger, rustikaler Raum - sind in der Stadt so gut wie ausgestorben, kein Mensch kann sie unterhalten. Im Osten funktioniert das anscheinend, und auf Wunsch einiger eingefleischter Ostler gastiert dort am 18. März der Flaneursalon. Dafür bräuchten wir noch einen guten Ost-Agenten für harte Propaganda. Bitte melden! ![]() Das Theater-Restaurant Friedenau ist ganz leicht mit der Stadtbahn zu erreichen: Linie 9, keine zehn Minuten vom Bahnhof, Haltestelle Raitelsberg. Dann maximal zwei Minuten zu Fuß nach rechts, nicht in den Raitelsberg (die Arbeitersiedlung RIO), sondern nach Ostheim (der einst „rote Osten“) – und schon ist man da. Es wird Zeit, dass wir in dieser Gegend mal auftauchen. Der Osten ist unterschätzt. Und enorm geschichtsträchtig. ![]() Nach unserem Gastspiel vergangene Woche in der Rampe mit dem Abschiedsauftritt von Los Gigantes war in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu lesen: „Wie bitte? Los Gigantes gehen getrennte Wege? Wer unterstützt dann in Zukunft Joe Bauer bei seinem Flaneursalon?“ ![]() Das kann die Zeitung nicht wissen, ich arbeite dort erst seit 30 Jahren. Stefan Hiss wird weiter im Flaneursalon spielen, zunächst solo, bald mit seinem neuen Trio Los Santos. In der Friedenau sind auch wieder Michael Gaedt und Dacia Bridges dabei, die Amerikanerin erneut im Trio: Begleitet wird sie von Alex Scholpp an der Gitarre und ihrem Baby im Bauch. Ich schätze, der Neuzugang spielt Drums. ![]() - Flaneursalon-Termin: Mittwoch, 18. März 2009, 20 Uhr. ![]() Restaurant-Theater Friedenau, Rotenbergstraße 127, Stuttgart-Ost. ![]() Mit Stefan Hiss, Dacia Bridges, Michael Gaedt. Karten: 07 11 / 2 62 69 24. ![]() ![]() „Kontakt“ ![]() ![]() ![]() |
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