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Montag, 28. August 2017, 1837. Depesche





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WAHNWITZ

Das Wort „Moral“ ist in Mode und verschärft im Spiel, seit Paris St. Germain für Barcelonas Neymar angeblich 222 Millionen Euro hingeblättert hat. Dieser lustigen Schnapszahl hatten die Katalanen kurz darauf beim Transfer des Dortmunder Dembélé nur 147 Millionen Euro Ausgaben entgegenzusetzen. Eine langweilige Summe angesichts der Tatsache, dass bei Real Madrid Ronaldo pro Jahr 93 Millionen US-Dollar einschiebt – so wenig, dass er davon nicht mal seine Steuern bezahlen konnte.

Andererseits muss der Portugiese ernsthaft über seinen Marktwert nachdenken, wenn eine Engländerin namens J. K. Rowling laut „Forbes“ zwei Millionen mehr im Jahr kassiert. Die gönnt ihren Stars zwar auch Fouls wie „Keilen“, „Rempeln“ und „Schnatzeln“ und sogar echte Tore. Das Match in ihren „Harry Potter“-Büchern heißt nur nicht Fußball, sondern etwas einfallsreicher Quidditch.

Der Profifußball wiederum wird bis heute trotz seiner außerirdischen Machenschaften nicht in einer Zauberwelt ausgetragen, sondern ganz real nach den Regeln der kreativen Buchhaltung des Kapitalismus – etwas fantasievoller auch „freie Marktwirtschaft“ genannt. In dieser Arena der globalen Finanzgladiatoren gilt wie so oft Brechts Erkenntnis: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Da aber die Fresssucht auch nicht gestillt wird, wenn ein an der Börse zockender Verein wie Borussia Dortmund die heilige Unternehmensbotschaft „Echte Liebe“ ausruft, müssen wir vermutlich ewig warten auf den Einzug der Moral in den Straf­räumen des Fußballs. „Es sei denn“, hat der Ex-Trainer Hans Meyer dem Magazin „11 Freunde“ gesagt, „wir schaffen es, uns aus diesem wahnwitzigen System der Marktwirtschaft mit seinen hässlichen Seiten zu befreien.“ Seine Bemerkung, er habe„wenig Hoffnung“, könnte ich mir fast sparen beim Blick auf die Kohle.

Wollte jemand ernsthaft unsere gesellschaftlichen Verhältnisse – auch im Fußballgeschäft – moralisch bewerten, würde er nicht die Geldmengen, sondern die Verteilung dieser Reichtümer anprangern. Die Moral von der Geschicht’ ist doch, dass für einige handverlesene Herrschaften ­ieser Welt 222 Millionen weit weniger bedeuten als 2,22 Euro für unseren Hartz-IV-Kollegen im Fanblock. Und hätte unsereins Moral, würde er nie wieder einen Fußballplatz mit seinem Taschentelefon knipsen, weil er weiß, unter welchen Bedingungen dieses Ding hergestellt wird.

Verachtenswerter als unmoralisch zu handeln ist womöglich aber die Heuchelei: etwa der Schuldspruch einiger Medien im Fall des Dembélé-Transfers. Weil der Franzose mit provokativem Schlendrian bei Sport und Spiel trotz seines Vertrags bis 2021 seinen Abgang zum Weltclub Barça „erzwungen hat“, gilt er als unanständig. Das BVB-Management dagegen wird, etwa im ZDF-„Sportstudio“, als heldenhaft aufrecht gefeiert, weil es sich „nicht erpressen ließ“, den Spieler suspendierte und die Ablöse auf 147 Millionen Euro hochtrieb.

Glückwunsch. Vor vier Jahren hatte derselbe BVB den Spieler Mkhitaryan für 27,5 Millionen Euro gekauft, nachdem der junge Mann seinem Club Donezk die professionellen Leibesübungen aus Fernweh verweigert hatte. Später nahm der BVB 42 Millionen Euro Taschengeld, weil Mkhitaryan partout zu ManU wollte.

Im Fußballgeschäft ist Moral ein so großes und unsinniges Wort wie Gerechtigkeit, die man neuerdings im allgemeinen ökonomischen Machbarkeitswahn mit Videobeweisen herstellen will – ohne jedoch auf menschliche Urteile verzichten zu können. Mit nervenden Zwangspausen im Spiel tut man so, als könne man im Glücksspiel Fußball jeden Regelverstoß objektiv ahnden. Das dümmste Unternehmen, seit das Glück eine Hure und der Innenpfostenschuss unser Leben ist. In unserem „wahnwitzigen System“ (Meyer) ausgerechnet beim globalen Milliardenspiel Fußball an Gerechtigkeit zu glauben ist geradezu rührend. Die Welt des Harry ­Potter erscheint mir weniger realitätsfremd.

 

 

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