Bauers Depeschen


Donnerstag, 04. August 2016, 1663. Depesche



SCHMUDDEL-BANKETT

Achtung, wir sind dran: Am Samstag, 20. August, machen wir, die Freunde der Altstadt, unser 3. Schmuddel-Bankett in der Leonhardstraße. Gepflegte Tischreihe auf dem Strich für Essen, Trinken & Plaudern. Am Nachmittag - etwa gegen 15.30 Uhr - Spaziergang durchs Leonhardsviertel mit der Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Unsereins erzählt auch ein bisschen was. Erstklassige Musiker treten auf: Steve Bimamisa & Friends: David Presna, Marie Herzog, Tilman Schaal & Thabile - sowie das Duo Nasim & Marcel Engler. Unsere Hommage an das Leonhardsviertel beginnt um 14 Uhr und endet gegen 20 Uhr. Motto: Unsere Altstadt darf nicht vor die Hunde gehen!



PROUST IM CAFE WEIß

Dienstag, 23. August, 19.30 Uhr: Vorpremiere im Stuttgarter Café Weiß zu Christian Rottlers Hörspiel „Proust ist mein Leben, doch es langweilt mich sehr“ (30. August, SWR2). Texte und Lieder mit Christian Rottler und seiner Band Lenin Riefenstahl, Nicole Heidrich und Joe Bauer. Eintritt frei.



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



AUSSICHTSLOS

Ich weiß nicht, ob sich noch jemand an die Fußball-Europameisterschaft in diesem Sommer erinnert. Wahrscheinlich nicht. Die meisten Leute haben ja nicht mal mehr Europa auf dem Schirm. Alles vergessen. Und schon morgen beginnen nicht nur die olympischen, sondern auch die internationalen Spiele der Stuttgarter Kickers. Ich und die Jugend der Welt sind dabei.

Tagen fährt und geht unsereins unstet in der Stadt herum, ratlos, wo es im Leben langgehen könnte. Nirgendwo finde ich einen Halt, etwas zum Verweilen, und oft weiß ich nicht mehr, wohin. Neulich landete ich, irgendwo im Osten, in einer Gartengaststätte namens Bei den Steins auf dem Gelände der SKG Gablenberg an der Albert-Schäffle-Straße. Es war Mittag, Regenwolken zogen auf, die Baumkrone über mir schützte mich.

Ich schaute auf einen Weinberg und dumm aus der Wäsche: Erstens wusste ich nicht, was die Abkürzung SKG bedeutet, zweitens nicht, wer Herr Albert Schäffle ist. Doch mit einem blöden Taschentelefon in der Hose glaubt ja heute jeder, die ganze Welt mit ein paar Fingerübungen im Wisch-und-weg-Verfahren auf einem Bildschirm im Griff zu haben. Was für ein Unfug.

Gut, inzwischen weiß ich, dass SKG für „Sport- und Kulturgemeinschaft“ steht und in diesem Verein neben Hobbyvolleyball auch Amateurtheater gespielt wird. Auch habe ich auf die Schnelle gelesen, Herr Schäffle sei im 19. Jahrhundert ein nicht unbedeutender Volkswirtschaftler, Politiker und Autor aus Stuttgart gewesen. Laut Wikipedia hat er Bismarcks Sozialgesetze beeinflusst und 1885, drei Jahre vor der Gründung der SKG Gablenberg, ein Buch mit verblüffend hellseherischen Qualitäten veröffentlicht: „Die Aussichtslosigkeit der Sozialdemokratie“.

Was ich hier von mir gebe, ist allerdings nicht mal Halbwissen. Es ist gar nichts. Und ich mache es allein zur Warnung: Diese hastige Herumwurschtelei im Internet macht einen nicht klüger, nur dümmer. Man glaubt, viel zu wissen – und hat tatsächlich keinen Schimmer, worum es wirklich geht. Das Taschentelefon dient oft nur der Selbsttäuschung und der Anmaßung. Ein weiterer Schritt zur Verblödung.

Leider aber kann ich es nicht lassen: In Wikipedia, der Internet-Bibel für gut­gläubige Nichtswisser, ist auch zu lesen, Herr Schäffle habe mal ein Dreivierteljahr als österreichischer Handels- und Ackerbauminister gewirkt und über diesen Job den feinen Satz hinterlassen: „An keinem Orte ist je so viel Raubgesindel vereinigt gewesen wie hier drunten.“

Auch diese Worte zitierte ich allein zur Abschreckung: Ich habe keinen Dunst, was sie im Einzelnen bedeuten. Ich müsste erst ein ordentliches Archiv aufsuchen und gründlich nachforschen, wen und was der Sozen-Spezialist Schäffle mit dem vereinigten Raubgesindel „hier drunten“ gemeint hat. Andrerseits weiß ich nicht, ob das alles wirklich so wichtig ist, ausgerechnet jetzt – da die Saison beginnt.

Sicher ist, dass Herr Schäffle inzwischen kein weiteres Unheil mehr anrichten kann, weil er auf dem Pragfriedhof liegt und wohl noch früher begraben wurde als unsere Sozialdemokratie. Man erinnere sich an die SPD-Frau Leni Breymaier und ihren Schrei aus der Gruft: „Fünfzehn Prozent in den Umfragen sind scheiße!“ Bei der jüngsten Landtagswahl waren es weit weniger.

Als halbwegs gewissenhafter Spaziergänger habe ich im Lauf der Zeit gelernt: Oft ist es das Vernünftigste, das bisschen Staub in der Stadt, das ich in Buchstaben umwandeln will, vor der eigenen Haustür zusammenzukehren. Laut neuestem Rathauseintrag hat Stuttgart 607 089 Einwohner. Wie also könnte ich behaupten, etwas Genaues über diese Stadt zu wissen, wenn ich von diesen Sechshunderttausend und ein paar Zerquetschen wahrheitsgemäß nicht einmal ein Dutzend gut kenne?

Und da ich schon keinen Zugang zu Herrn Schäffles Ackerbaupolitik finden werde, ist es für mich womöglich aufschlussreicher, in meiner Nachbarschaft herumzugurken – und den Agrar-Ingenieur Reinhard Riesch aufzusuchen. Falls Sie ihn nicht kennen: Dieser stets präsente Herr, genannt „Rio“, führt an der Schwabstraße – gleich neben dem berühmten Bäcker Bosch – den Obst-, Gemüse- und Feinkostladen Grünes Eck. Wenn ich demnächst bei ihm wieder Bananen, Äpfel und Kiwi zum Frühstück hole, werden wir uns allerdings weniger über Herrn Schäffle und eine vom kapitalistischen Raubgesindel vergiftete Landwirtschaft unterhalten – sondern über Aufstieg und Fall der Stuttgarter Kickers. So läuft das im Kiez. Und selbst diese Ignoranz der wahren Leiden der Menschheit kann ich leicht rechtfertigen: Rein ökonomisch betrachtet liegen die Ursachen für Kickersnot und Bauernelend dicht beieinander.

Bekanntlich ist vor Saisonbeginn völlig überraschend unsere Stehtribüne auf der Waldau wegen dringend notwendiger Reparaturarbeiten am Dach geschlossen worden. Klar ist: Schuld an dieser Vertreibung ehrbarer Liebhaber des schönen Fußballsports aus ihrem natürlich gewachsenen Biotop können nur die Machenschaften einer raubgesindelhaften Bauwirtschaft haben. Der Dachschaden in unseren Blocks ist jedenfalls nicht mit dem Hinweis vom Tisch, der Mensch selber präge seine Umwelt. Mag sein, dass hie und da der Himmel über der Waldau wankt, weil uns der Hut hochgeht – diese Erschütterung aber liegt weiß Gott nicht an minderwertigem Baumaterial.

Beim Saisonbeginn gegen die große Mannschaft von Waldhof Mannheim werden wir dennoch nicht mutlos in irgendeiner Ecke auf dem Kickersplatz herumstehen und wie sozialdemokratische Verlierer über den langen Abstieg jammern: „Vierte Liga ist scheiße!“

Lächerlich. Tunlichst werden wir darauf achten, auch in der vierten Liga um unsere fragwürdige Fußballwürde zu kämpfen. Wo wir sind, ist oben. Ich meine, relativ oben. Ganz oben haust bekanntlich das vereinigte Raubgesindel.

 

 

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