Bauers Depeschen


Freitag, 02. November 2012, 1003. Depesche



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TAGEBUCHEINTRAG

Es ist wie im Film: Hände über der Stadt.

Jetzt machen sie den Rosensteinpark platt.



Es gibt noch Karten - und immer weniger:

FLANEURSALON IM THEATERHAUS

Unser Flaneursalon zur Premiere meines neuen Buchs "Im Kessel brummt der Bürger King" findet am Sonntag, 18. November, im THEATERHAUS statt. Auf die Bühne gehen Vincent Klink & Patrick Bebelaar, Los Santos (mit Stefan Hiss), Dacia Bridges, Toba Borke & Pheel und Roland Baisch. Beginn 19.30 Uhr. Kartentelefon: 07 11 / 4020 720 (ab 10 Uhr).

Siehe auch:

DIE KUNST DES MÜSSIGGANGS



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TIPP

Der große amerikanische Rocksänger/Songschreiber Mark Lanegan spielt mit seiner Band an diesem Sonntag im Club Universum am Charlottenplatz. Beginn (mit guten Supports) 19 Uhr. Einlass bereits um 18 Uhr. Siehe und höre:



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



WEITSICHT

Mir schien, als hätte ich an diesem letzten Oktobertag einen der schönsten Spaziergängertage des Jahres erwischt. Es war winterlich frisch am frühen Morgen, knapp über Null; der Himmel klar und blau, die Farbe des Lichts in den Straßen leicht ­metallic, wie so oft, wenn ein harter Winter naht. Ich trug extrem schnelle Turnschuhe an diesem Morgen. Im Sturmschritt die Rosenbergstraße hinab bis zum Anschlag. Bosch-Areal. Liederhalle. Berliner Platz.

In der Seidenstraße, gegenüber dem Bosch-Areal, werden zurzeit die „Rosenberghöfe“ gebaut. Neue „Stadtquartiere“, meist nichts anderes als Konfektionsblöcke im Investorenformat, werden heute in vielen Städten als „Höfe“ verkauft. Auf diese Weise sollen die Kästen aufgewertet, urbane Wohnlandschaften nach einstigen Vorbildern wie den Hackeschen Höfen in Berlin vorgegaukelt werden.

Wir kennen das bei uns von den „Pariser Höfen“ neben der neuen Stadtbibliothek, wo die Wohnungen zukünftiger Hofwohlgeborener an den Mailänder Platz grenzen. Mit dieser Wahl von Ortsnamen hat die Weltstadt Stuttgart endgültig die Frage beantwortet, wo das noch immer nicht im Werbemülleimer versenkte „neue Herz Europas“ schlägt, nämlich hinter der Glas- und Steinwüste des Bankenviertels neben dem zerstörten Paul-Bonatz-Bahnhof.

An den Rosenberghöfen steht eine Tafel mit der voyeuristisch gesteuerten Botschaft: „Büroflächen für Stadtliebhaber mit Weitsicht“. Was für ein Ausguck für unsereins, den kurzsichtigen Dorfspanner, der die Büros der Dynamiker liebt: Dort passt sich sogar der IQ den Raumtemperaturen an.

Mit meinem kleinen Fernrohr könnte ich hinüberschauen auf den Berliner Platz vor der Liederhalle. Ein Mann pustet gerade mit einer Maschine das Laub weg. Bei gutem Wetter füllt sich die Anlage zuverlässig, wenn die Kinder des benachbarten Techno-Clubs Lehmann in ihren langen Nächten vom Bosch-Areal zum lustigen Vorglühen herüberkommen.

Auch die Weitsicht auf den Straßenverkehr des Berliner Platzes wäre mir ein neurotisches Vergnügen als Stadterotiker. Mag sein, dass Paris einst die Mausefalle für läufige Männer erfunden hat. Die aufregendste Menschenfalle für unschuldige Männer und Frauen ist der Berliner Platz. Jeder Sportsfreund schätzt die Herausforderung, auf dieser Monsterkreuzung Straßenbahngleise und Autobahnen per Fuß zu überwinden, zwischen Zügen, Rennwagen und Kamikaze-Radlern zu tanzen, ohne zermalmt zu werden. Mit Turnschuhen geht das. Wäre ich wie sonst in Cowboystiefeln unterwegs gewesen, ständen heute am Berliner Platz meine Stiefel ohne den größten Teil meiner Wenigkeit herum.

Vor den Rosenberghöfen, auf ihrer Homepage bescheiden als „Stadtparadies“ beschrieben, hängen Werbeschilder der Baufirma mit Schwarzweißfotos von behelmten Arbeitern. Darüber der Slogan: „Let’s work together“. Mit diesem Song von Wilbert Harrison hat 1970 die amerikanische Bluesrock-Band Canned Heat einen Welthit gelandet. Das Lied handelt davon, wie sich die Menschen eine andere Welt aufbauen, wenn Männer und Frauen ihr Ding gemeinsam machen. Längst haben die besten Männer von Canned Heat mit musischer Weitsicht die Höfe der Lebenden verlassen.

Die Gegend rund um den Berliner Platz bietet viele originelle Sehenswürdigkeiten. Am Haus über der Tiefgarage Schlossstraße sind bis heute weithin sichtbar die roten Buchstaben der CDU montiert, direkt darunter das Logo Vema des Vermögensmanagements für Immobilien. Erst bei näherem Hinsehen lässt sich ahnen, bei welcher der beiden ähnlich orientierten Firmen es sich um eine politische Partei mit schwer gezeichneten Mitgliedern handelt. Auf der Rückseite des Hauses hat einer einen Aufkleber auf dem U der Union hinterlassen: „Freiheit für alle politischen Gefangenen!“. Die mit der CDU Gestraften wären vermutlich schon für einen Hofgang mit Stammheimer Weitsicht dankbar.

Mein Spaziergang rund um den Berliner Platz dauerte eine Dreiviertelstunde. So viel Zeit musste ich überbrücken, um am frühen Morgen nach einer kurzen Behandlung in der Diakonie-Klinik, Rosenbergstraße, im Sanitätshaus Weber & Greissinger, Schlossstraße, einen schwarzen Lederfingerling zu erwerben. Soll aber keiner glauben, ich sei zuvor auf Händen herumgelaufen und hätte die große Stuttgart-Welt von den Füßen auf den Kopf gestellt. Wie immer ist alles wahr, was ich erzähle. Das bin ich den Hof-Narren in den Marketingbüros schuldig.



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