Bauers DepeschenFreitag, 30. April 2010, 492. DepescheKommentar schreiben JOE BAUERS FLANEURSALON IM FLUSS am Donnerstag, 17. Juni, auf dem Neckar-Schiff "Wilhelma". Mit Los Santos (Stefan Hiss), Roland Baisch, Dacia Bridges, Michael Gaedt & Anja Binder und weiteren Piraten... INFOS & VORVERKAUF BETR.: 1. MAI Sauna & Schwimmen im Bad Berg bereits heute erledigt, am Tag der Arbeit ist die Anstalt geschlossen. Am Samstag Waldlauf mit Serben-Eddy, Stuttgarts leidenschaftlichstem Formel-1-Fan. Ausgerechnet am 1. Mai starb Serben-Eddys Held, der Pilot Ayron Senna, das war 1994. Danach reicht es noch zur DGB-Kundgebung mit meinen geliebten Selbsttherapietrommlern (10 Uhr Start am Marienplatz, 11 Uhr Karlsplatz). Der Berliner Stadtguerillero Fritz Teufel ("Wenn's der Wahrheitsfindung dient...") erhielt während seiner Knastzeit ein Flugblatt mit der Parole "Heraus zum 1. Mai!". Teufel, eigentlich ein Junge aus Ludwigsburg, kritzelte mit dem Stift daneben: "Mir wäre auch jeder andere Termin recht." Hier eine kleine Geschichte zum Thema, geschrieben 2008: DIE HARTE TOUR Es war Zeit, meine Kaffeehaus-Tour fortzusetzen. Manche Leute sagen, die Zeit der Cafés sei vorbei. Sie sagen das, weil sie glauben, sie hätten bessere Cafés verdient als die, die sie kennen. Vor meiner Tour hatte ich mir den Winzling Fink jr. zugelegt, ein Notebook, das auf einem Bierdeckel mehr bewirkt als Podolski auf dem ganzen Platz. Manche Leute sagen, ich sein verrückt, weil ich mit einem Notebook spreche. Ich sage, Fink jr. ist verrückt. Sonst würde er nicht mit mir sprechen. Vom Café Schlossblick, meiner vorherigen Tourstation, bin ich weitergezogen zum Café Scholz am Marktplatz, erster Stock. Würden nicht die Werbefahnen für das Frühlingsfest vor den Fenstern hängen, hätte ich einen so guten Blick auf den Marktplatz auf dem Rathausbalkon der Polizist, der gerade seine Videokamera in Stellung bringt. Es ist der 1. Mai, Demonstranten sind unterwegs, ein paar Autonome. Bald gehen die Krawalle los, in Hamburg. Es gibt seit jeher Kaffeehaus-Dichter. Richtige Kaffeehaus-Dichter haben keinen Fink jr., sie sitzen nicht am Fenster und warten, bis sich ein Polizist einen Autonomen greift. Kaffeehaus-Dichter haben eine miese Bude zu Hause und eine gute Geschichte im Kopf. Deshalb gehen sie ins Kaffeehaus und trinken Schnaps, bis ihnen warm wird. Dann schreiben sie eine gute Geschichte nach der anderen, bis der Schnaps sie umbringt. So war das, habe ich gehört, früher in Österreich. Ich sitze mit Fink jr. am Ende des Tresens und mache mich über ein gutes amerikanisches Frühstück her. Ich mag diese amerikanischen Sachen. Eier, Speck und Bagels. Und Emmylou Harris und Kris Kristofferson, die in Stuttgart singen. Am 1. Mai 1886 riefen amerikanische Arbeiter zum Generalstreik auf. Die Polizei ging dazwischen, 200 Arbeiter wurden verletzt. Der Kampf hat als "Haymarket-Riot" Geschichte gemacht. Den Autonomen könnte ich erzählen, dass sogar ihre Lieblingsmusik, der Punk, aus Amerika kommt, aber das würde sie nicht interessieren. Sie mögen keine amerikanischen Sachen. In Stuttgart, lese ich auf einem Flugblatt der Gewerkschaft, sind 11 000 Kinder Opfer der Hartz IV-Gesetze: Pro Monat haben sie 4,40 Euro für Schuhe, 76,39 Euro für Essen und Trinken, 0,00 Euro für Bildung. Das Problem mit den armen Kindern in der Stadt, sage ich zu Fink jr., sollte man wie alles in dieser Stadt mit einer Imagekampagne lösen. Einer Berliner Werbeagentur fiele sicher ein Slogan ein: Wir können alles. Großes Maul, großes Bauloch, Löcher in den Kinderschuhen. Im Radio hat am Morgen ein österreichischer Politiker gesagt, man müsse alles tun, um "Österreichs Ruf" in der Welt zu retten. Die im Inzest gezeugten, im Keller eingesperrten Kinder von Amstetten seien nicht gut für Österreichs Image. Wo doch bald die Fußball-EM in Österreich beginnt. Das Wort Keller, denke ich, müssen wir aus der Fußballersprache streichen. "Kellerkind FC Germania", steht manchmal in der Zeitung. "Kellerkind Österreich", das geht nicht. Im Hauptbahnhof war am 1. Mai das extragroße Plastikposter der neuen österreichischen Tourismus-Kampagne verschwunden. Auf dem Transparent, das in der Eingangshalle von der Decke hing, sah man einen See mit einem einsamen Schwimmer. Daneben stand: "Wo nicht nur köstliche Speisefische gerne schwimmen... Das muss Österreich sein." Das Roastbeef ist bald alle, sagt die Kellnerin im Café zu ihrer Kollegin. Und auch der Quark reiche nicht mehr lange. Auf dem Marktplatz flattert ein rotes Transparent mit der Aufschrift "Trotz alledem". "Bestell mir eine Bloody Mary", sagt Fink jr., "es wird eine harte Tour." AMTLICHES JOE BAUER IN DER STADT - DIE STN-KOLUMNEN Im LESERSALON sind noch Zimmer frei E-Mail- „Kontakt“ FRIENDLY FIRE: www.kessel.tv www.edition-tiamat.de (Hier gibt es mein aktuelles Buch "Schwaben, Schwafler Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart") www.bittermann.edition-tiamat.de (mit der Fußball-Kolumne "Blutgrätsche") www.unsere-stadt.org |
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